Wer schon alle Mad-Men-Folgen gesehen hat und noch intensiver das Innere und den Niedergang einer Werbeagentur erleben möchte, dem empfehle ich folgende zwei Romane. Beide Geschichten erzählen auf ganz unterschiedliche Weise vom Höhenflug und Absturz eines Unternehmens und kommen auch dem Insider nicht albern vor – im Gegenteil: die Details stimmen, manches ist heute noch so und in dieser überspitzen Form ein echter Genuß nach einem stressigen Tag in der Agentur. Auch Nicht-Werber kommen voll auf ihre Kosten, schließlich geht es doch wieder um Geld, Liebe und Intrigen.
„Wir waren unsterblich“ von Joshua Ferris
Das Ambiente erinnert an Mad Men: eine große amerikanische Werbeagentur in Toplage zu einer Zeit, in der man mit Werbung richtig viel Geld verdienen konnte. Es geht um Burn-Out, angefangene Romane und Besprechungszimmer, um böse Post-Its, kreative Spitznamen und Vorgesetzte, um Scribbles, Ideen von anderen und die Mittagspause – oft böse, ironisch und witzig. Jedes Kapitel beginnt mit einer Zusammenfassung in Schlagworten, z. B. für Kapitel 1:
Kündigungen – Toms letzte Stunde – Janine Gorjancs Tragödie – Der Niedergang – Drastische Maßnahmen – Die Debatte über Tom – Gruselige Bilder – Die Geschichte von Tom Motas Stuhl – Zwei E-mails – Die Geschichte von Tom Motas Stuhl, Teil II – Die Pro-Bono-Spendenaktionsanzeige – Lastivsäure – Lynn Mason
Wir waren unsterblich, Joshua Ferris, rowohlt 2007, ISBN 978 3 499 24410 0
„Strohfeuer“ von Sascha Lobo
In Sascha Lobos Debütroman gründen drei Freunde eine Werbeagentur in Berlin, sie bedienen die zahlreichen Start-ups der New Economy. Sie verkaufen Logos und Konzepte, stellen Mitarbeiter ein, um die Konkurrenz zu beeindrucken, erpressen Kunden und fahren am Ende alles an die Wand, im wahrsten Wortsinne, wie sich später herausstellt. Dann sind da noch die Frauen: Lena, Sandra und die anderen. Wer Formulierungen wie „Hey du Pilot!“ oder „Napalm-Präsentation“ (hinterher sind alle Feuer und Flamme) mag oder lernen will, wie man Kunden über den Tisch zieht, der sollte dieses Buch lesen. Mein Lieblingszitat:
„Drei Milliarden Menschen denken beim Wort Auto an einen Käfer. Er ist das erfolgreichste Auto der Welt. Zack. So einfach!“
„Hm. Naja. So übel hört sich das gar nicht an. Woher hast du das denn mit den drei Milliarden?“
„Gerade ausgedacht, darum geht es doch gar nicht. Wir machen Werbung, Alter. Hauptsache es fühlt sich richtig an.“
Strohfeuer, Sascha Lobo, rowohlt 2010, ISBN 978 3 87134 678 1